Thomas Frhr. v. Fritsch (*1700)

Thomas Frhr. v. Fritsch

Urteile über den kursächsischen Minister

Thomas Freiherr v. Fritsch (1700 – 1775). Der kursächsische Minister Thomas Freiherr v. Fritsch hat eine Reihe von Büchern und Denkschriften verfasst und veranlasst. Sein Hauptwerk ist eine Sammlung staatspolitischer Denkschriften, die 1763 unter dem Titel erschienen sind: "Zufällige Betrachtungen in der Einsamkeit“. Mehr als 200 Jahre nach ihrem Erscheinen sind sie 1984 erneut verlegt worden (Peter Lang Verlag, Bern). Dem Reprint ist eine des sächsischen Staatsmannes und seiner Überlegungen durch den Historiker Joachim Schmidt-Sass vorangestellt.

"Fritsch erscheint in seinen Aufsätzen", schreibt Schmidt-Sass, als Praktiker, der konkrete Vorschläge zu unterbreiten versteht, und als Aufklärer, dessen Interesse auf die Erziehung der Menschen im Sinne von Vernunft, Patriotismus und Pflicht gerichtet ist. [...] Nicht zu Unrecht hat man in den 'Zufälligen Betrachtungen' die Programmschrift einer Reformpartei gesehen." Eine Aussage des Werkes hebt Schmidt-Sass besonders hervor: "Gute Sitten sind nötiger zur Erhaltung des gemeinen Wesens als Gesetze."

Der sächsische Historiker Josef Matzerath hat in einem Aufsatz den Wiederaufbau des vom Siebenjährigen Kriege (1756 - 63) schwerstgezeichneten Landes Sachsen und die große Staatsreform nach 1763 untersucht. Wie andere Wissenschaftler vor ihm stellt er die zentrale Rolle heraus, die Thomas Freiherr v. Fritsch dabei gespielt hat. Seine Untersuchung überschreibt er mit einem Zitat von Fritsch: „Pflicht ohne Eigennutz“.

In einer zusammenfassenden Bewertung kommt Matzerath zu folgendem Urteil über Fritsch: „Es ist unübersehbar, wie Fritschs Überlegungen auf das gesellschaftliche Ganze zielen und Interessen von gesellschaftlichen Gruppierungen oder gar von einzelnen Personen demgegenüber zurückstellen. Fritsch [...] war kein Beschützer „bürgerlicher Klasseninteressen“ und auch kein vom Eifer des gesellschaftlichen Aufsteigers getriebener Verteidiger adliger Standesinteressen. [...] 1765 erklärte er, er wolle seiner Schuldigkeit gegen das Vaterland gemäß, die Hauptobiecta, welche einer Remedur bedürfen, mit aller menschenmöglichen Ohnparteylichkeit durchgehen. [...] Aus der Perspektive des Staates forderte er vor allem von dessen adligen Beamten Pflicht ohne Eigennutz."

Über eine Begegnung von Thomas Freiherr v. Fritsch mit dem Philosophen Moses Mendelssohn berichtet ein 1994 in Berlin erschienenes Buch:

Der Thomas Freiherr v. Fritsch (1700 - 1775) war Friedrich dem Großen als kursächsischer Minister und vor allem als sächsischer Unterhändler beim Hubertusburger Frieden (1763) bekannt. Der preußische König wird ihn geschätzt haben, jedenfalls lud er ihn 1771 zu einem Besuch nach Sanssouci ein. Thomas Fritsch plante, von dort über Berlin nach Dresden zurückzukehren, um in Berlin den berühmten Philosophen Moses Mendelssohn kennen zu lernen. Doch Friedrich der Große entschied, nicht Fritsch solle nach Berlin gehen, vielmehr solle Mendelssohn nach Sanssouci kommen. So geschah es, doch führte Mendelssohns Reise zu einigen Verwicklungen, die in einem zeitgenössischen Stich festgehalten und in jenem Buch amüsant beschrieben sind. Der Besuch weckte das Interesse selbst G. E. Lessings in Braunschweig, der sich bei seinem in Berlin lebenden Bruder brieflich erkundete: „Was macht unser Moses? Ist er gesund? Hat er bloß Fritschen oder auch den König noch gesprochen?“

Bruno Strauß: Moses Mendelssohn in Potsdam, Edition Hentrich, Berlin 1994


- Verfasst von Thomas Frhr. v. Fritsch (1909-2006) -

Sein berufliches Leben ist gekennzeichnet durch einen steilen Aufstieg, der ihn in völlige Gegnerschaft zum Grafen Brühl brachte. Dieser war seit 1733 der leitende Staatsmann in Kursachsen und Polen, seit 1746 auch offiziell Premierminister. Seine Großmachtambitionen stürzten Sachsen in die Katastrophe des Siebenjährigen Krieges. Der Alte Thomas war zweimal aus dem kursächsischen Staatsdienst ausgeschieden und verbrachte die Jahre seit 1746 im Wesentlichen als Privatmann. Es muß für ihn, bei aller Betroffenheit über die Katastrophe Sachsens, eine Genugtuung gewesen sein, als Nachfolger Brühls nach dessen Sturz 1763 den Wiederaufbau des Landes und die große Staatsreform durchführen zu können. Der Alte Thomas starb noch in voller Tätigkeit. Sein Grab war auf dem Alten Johannisfriedhof in Dresden, der 1858 aufgelassen wurde.

Über seine Auffassung gibt ein Ausspruch Zeugnis, der auf der Festung Königstein in den letzten Jahren angebracht war: "Eines Kurfürsten von Sachsen Interesse erfordert es, dass er gute Haushaltung einführt und die Untertanen nicht plagen läßt." Der kursächsische Minister Thomas von Fritsch 1765.

Entgegen anderer Meinung ist ausdrücklich festzustellen, daß er das einzige Kind seiner Eltern war. Diesem Einzigen ermöglichte der Vater eine unfassende Ausbildung, die Grundlage für sein Lebenswerk bildete. Dazu gehört, dass sein Doktorvater Johann Jacob M A S C O V (1689-1761) war. Dieser Professor der Universität Leipzig ist der erste Historiker, der seine Werke ausschließlich auf eigenes Quellenstudium stützt und die bis dahin weitverbreiteten und immer wieder abgeschriebenen Histörchen ablehnt. Besonders für die Reichsgeschichte wurde Mascov sachbegründend. Die Doktorarbeit bei diesem Manne nach dessen Grundsätzen gehört zum Charakter und dem Berufsweg seines Schülers.

Die erzwungene Freiheit vom Beruf ermöglichte ein reiches, geistig bedingtes Leben. Nach dem Anfall der Buchhandlung hatte er diese durch den Onkel Caspar Fritsch führen lassen. Der Ertrag der Buchhandlung und der Erlös aus dem Verkauf ermöglichten den Aufbau eines Vermögens, das in Gestalt von vier Rittergütern außer Anderem an seine Söhne übergeht. Durch fremde Besatzungen und Kontributionen, durch Kriegsereignisse erlitt er 1745 und 1756-1763 schweren Schaden.

Das Archiv, das er vom Vorbesitzer 1732 erhalten  hatte, wurde von ihm und seinen Erben gepflegt, bis es nach 1945 in das Hauptstaatsarchiv nach Dresden überführt wurde. Anton Graff, ein entfernter Vetter, hat ihn sechsmal gemalt, sodaß wir außer anderen zeitgenössischen Gemälden einen hervorragenden Eindruck von ihm haben. Im Genealogischen Handbuch des Adels (Band 102, Freiherren XVI, C.A.Stark: Limburg 1992), ist er als Titelbild zu sehen. Eine literarische Gestaltung erfuhr er in dem Drama von Hans Rehberg "Der Siebenjährige Krieg" (S.Fischer Verlag, Berlin: 1937), charakterlich gut, jedoch als österreichischer Unterhändler dargestellt.

Schloß Seerhausen hat er aus einer Wasserburg in einen Wohnsitz verwandelt, die Wirtschaftsgebäude bereits 1729 und weiter 1744 aufbauen lassen. Die Steintransporte kamen dazu aus der Elbe aus Böhmen. Auch das abgebrannte Mautitz und das in Dresden zerstörte Haus wurden neu errichtet.

Die Tabakdose, die er von Friedrich dem Großen erhielt, gab er seiner Tochter Caroline mit. Sie war bis 1945 in Bornitz bei Riesa im Schönbergschen Besitz. Der - voraussichtlich - letzte Brief eigner Hand vom 27. Juni 1775 an Herrn v. Ponickau ist als Geschenk Dr. Adalbert Brauers in den Unterlagen.

"Servare modum" ( Mit Maßen dienen ) steht auf seinem erhaltenem Handsiegelstempel, auf dem ein Löwe den Schild hält. Gestaltend wie im Beruf war er in der Familie. Den Söhnen, besonders Jacob Friedrich in Weimar, war er auf deren Fragen, ein guter Berater. Sein Testament, setzt er auf vier Generationen "weil die Welt sich ändert". Seine Worte gelten:

"Meine Kinder werden sich allemalst gegeneinander bezeugen, daß man an ihnen eine meiner, ohn Ruhm zu melden, würdige Posterität erkenne; die männlichen besonders ermahne, den ihnen vergönnten Vortheil zu Gottes Ehre und ihrer Nächsten Vortheil anzuwenden und einander mit Rath und That beizustehen."

Der "Alte Thomas" wie er in der Familie seit jeher benannt wurde und wird, ist immer wieder Gegenstand publizistischer und wissenschaflicher Erwähnung in der Darstellung seiner Zeit und bei der nachhaltigen Wirkung seiner Tätigkeit in der sächsischen Geschichte. Als bedeutendste wissenschaftliche Arbeiten sind zu erwähnen:

  1. "Ein sächsischer Staatsmann des achtzehnten Jahrhunderts; Thomas Freiherr v.Fritsch" von Carl Freiherrn v. Beaulieu-Marconnay in Karl von Weber (Hrsg.): Archiv für sächsische Geschichte (Band 9), Dresden 1871, S. 251-325. Dies Werk ist die beste Biographie, auch wenn die erst später erschlossenen Archivalien zur Geschichte des kursächsischen Retablissements kaum verarbeitet sind.
  2. Dies erfolgte in "Die Staatsreform in Kursachsen 1762-1763" von Horst Schlechte. Rütten & Loening: Berlin 1958. Hierzu dienten die Archivalien des Herrschaftsarchivs Seerhausen, die sich im Sächsischen Hauptstaatsarchiv befinden.
  3. Dazu gehört die Vorarbeit von Horst Schlechte "Zur Vorgeschichte des "Retablissements" in Kursachsen" in Forschungen aus mitteldeutschen Archiven, Rütten & Loening: Berlin 1953.
  4. Von Carl Freiherrn v. Beaulieu-Marconnay, Leipzig S.Hirzel (1871) stammt weiter: "Der Hubertusburger Friede" nach archivalischen Quellen; eine für den inneren Ablauf der Ereignisse, die Berichte der am Friedensschluß Beteiligten, nahezu vollständige Abhandlung.
  5. Dazu gehört: "Friedrich der Große und der sächsische Geheimrat v. Fritsch" Woldemar Lippert in: Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde (Band XXI), 1900.
  6. Allgemeine deutsche Biographie, Band VIII, S.110-116.
  7. G.G.Heres, "Dresdner Kunstsammlungen im 18.Jahrhundert", Leipzig 1991, Seite 134.
  8. Eine zusammenfassende Übersicht unter Verwendung aller bis dahin erschienen Veröffentlichungen und der archivalischen Bearbeitung ist: "Thomas von Fritsch (1200-1775)" von Karlheinz Blaschke in Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e.V. (Hrsg.): Persönlichkeiten der Verwaltung: Biographien zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1648-1945. W.Kohlhammer: Stuttgart - Berlin - Köln 1991.

Die Adelsbriefe sind in Dresden im Sächsischen Hauptstaatsarchiv erhalten. Schrifttums-Verzeichnisse und Quellenzitate sind reichlich in den genannten Werken vorhanden.

1700 Geburt
1717 Universität Leipzig
1721 Doktorarbeit
1721-1724 Bildungsreisen
1725 kursächsischer Staatsdienst
Legationssekretär beim Marquis de Fleury
1726 Tod des Vaters
Übernahme der Buchhandlung
1727 Hof- und Justizienrat
Inspektor des Münzkabinetts
1728 Ehe mit Sophie Winckler v. Dölitz
1729 Seerhausen erworben
Geburt der Tochter Charlotte
1730 Geburt der Tochter Margaretha
Reichsadelsstand
2. Auflage der Doktorarbeit
1731 Geburt des Sohnes Jacob Friedrich
1732 Geburt des Sohnes Heinrich Leopold
Direktor des Münzkabinetts
Geheimer Referendar
1734 Geburt des Sohnes Carl-Abraham
1735 Kur in Aachen und Spa
1736 Geburt des Sohnes Wilhelm
1737 Auftrag nach Paris, mit erfolgreicher Augenkur
Geburt der Tochter Caroline
Tod der Mutter
1738 Geburt und Tod des Sohnes Johann August
1739 Sendung nach Paris
1740 Rückkehr aus Paris
Geheimer Kriegsrat
1741 Aufenthalt in Paris, erfolgreiche Augenkur
1. Schlesischer Krieg
3. Auflage der Doktorarbeit
Verkauf der Buchhandlung an Johann Friedrich Gleditsch
1742 Ausscheiden aus dem kursächsischen Staatsdienst
Wirklicher Reichshofrat bei Kaiser Karl VII in Frankfurt/Main
Erhebung in der Reichs-Freiherrenstand
1744 Für den Marschall Moritz von Sachsen tätig
1745 Rückkehr nach Dresden
Reichspfennigmeister im Ober- und Niedersächsischen Kreis
2. Schlesischer Krieg
Tod des Kaiser Karl VII.
1746 Geheimer Rat
Ausscheiden aus dem kursächsischen Staatsdienst
Reise nach Wien
Erwerb von Zschochau
1752 Erwerg von Mautitz
1756 Beginn des Siebenjährigen Kriegs
1758 Mitglied der Ritterschaft des Meißner Kreises
1760 Bombadierung Dresdens und Zerstörung des Hauses Moritzstraße 16
1761 "Zufällige Betrachtungen in der Einsamkeit", 1. Auflage
1762 Präsident der Restaurationskommission
"Zufällige Betrachtungen in der Einsamkeit", 2. Auflage
Vorsitz bei den Friedensverhandlungen, zugleich sächsischer Beauftragter
1763 Frieden von Hubertusburg
"Zufällige Betrachtungen in der Einsamkeit", 3. Auflage
Wirklicher Geheimrat und Konferenzminister
Weinberg bei Meißen verkauft
1766 Rücktritt wegen Heeresvermehrung
1769 Erbhuldigungen
1770 Abschaffung der Tortur in Sachsen
1771 Einladung Friedrichs des Großen nach Potsdam, Begegnung mit Moses Mendelsohn
1772 Königlich polnischer St. Stanislaus- und der Weiße Adler-Orden
Testament
1775 Tod